„Einmischung fremder Richter“: „Einmischung fremder Richter“ Nach Klima-Urteil: SVP fordert Austritt aus Europarat

BERN. Die Schweizer Volkspartei (SVP) hat den Austritt ihres Landes aus dem Europarat gefordert. Hintergrund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg, der die Schweiz am Dienstag wegen angeblich zu schwacher Klimaschutzmaßnahmen verurteilt hatte. Der Menschenrechtsgerichtshof ist Teil des Europarats. Geklagt hatte die von Greenpeace initiierte Gruppe „Schweizer Klimaseniorinnen“, die den Behörden vorwirft, die Gesundheit der älteren Bevölkerung zu gefährden. Das Urteil könnte ein Präzedenzfall für weitere sogenannte Klimaklagen werden – vor dem EGMR ebenso wie vor nationalen Gerichten.

Die SVP bezeichnete den Beschluß der Straßburger Richter als „Skandal“. Gerichte hätten Recht zu sprechen und nicht Politik zu machen. Die Partei verurteile „diese Einmischung fremder Richter aufs Schärfste und fordert den Austritt der Schweiz aus dem Europarat“.

„Zäsur für Staaten, die sich nicht an Klimaziele halten“

Das Gericht war zu dem Schluß gekommen, die Schweiz habe frühere Ziele zur Emissionsreduzierung verfehlt und damit Artikel 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) und Artikel 6, Paragraph 1 (Recht auf ein faires Verfahren) der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt. Das Urteil verpflichtet die Schweizer Regierung dazu, wirksamere Maßnahmen zur Emissionsreduzierung zu ergreifen, macht dabei jedoch keine konkreten Vorgaben. Berufung gegen die Entscheidung einzulegen, ist nicht möglich.

Mitglieder der Klimabewegung hatten euphorisch auf den juristischen Erfolg reagiert. Noch nie zuvor war eine sogenannte Klimaklage vor der Großen Kammer des Menschenrechtsgerichtshofs verhandelt worden. Luisa Neubauer, das Gesicht von Fridays for Future Deutschland, sprach von einem „historischen Urteil“ und einer „Zäsur für einen europäischen Kontinent voller Staaten, die sich nicht an Klimaziele halten“. Die Tür für weitere Klimaklagen sei nun „sperrangelweit“ offen, schrieb sie auf X.

Gericht weist zwei weitere Klimaklagen ab

Allerdings blieben am selben Tag zwei weitere Klimaklagen erfolglos. Ein französischer EU-Abgeordneter und ehemaliger Bürgermeister der Küstenstadt Grande-Synthe hatte argumentiert, daß fehlende Klimaschutzmaßnahmen mit der Überflutung seiner Stadt zusammenhingen. Seine Klage gegen die französische Regierung wurde abgewiesen, da ihm die sogenannte Opfereigenschaft fehle, er also nicht in besonderer Weise betroffen sei. Eine Klage portugiesischer Jugendlicher wies das Gericht mit der Begründung ab, diese hätten unter anderem zuerst in Portugal alle Instanzen anrufen müssen, ehe sie vor dem EGMR klagen.

In Deutschland hatte das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber im März 2021 dazu verpflichtet, mehr für den Klimaschutz zu tun. Nach diesem sogenannten Klimabeschluß stimmte der Bundestag für ein neues Klimaschutzgesetz, nach dem Deutschland bis 2045 „treibhausgasneutral“ werden soll, also nur noch so viele Treibhausgase ausstoßen soll, wie wieder gebunden werden können. (dh)

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