Bundeswehr-Nachwuchs: Bundeswehr-Nachwuchs Jugendoffiziere an den Schulen: Bedingt werbebereit?

Für viele Linke ist es ein rotes Tuch: Offiziere der Bundeswehr, die in Uniform in die Klassenzimmer kommen, um mit den Schülern zu sprechen. Angesichts des Angriffs Rußlands auf die Ukraine, der von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ausgerufenen sicherheitspolitischen Zeitenwende und des anhaltenden Personalmangels der Bundeswehr nach dem Aussetzen der Wehrpflicht, gewinnt das kontroverse Thema wieder an Bedeutung. Ins Rollen gebracht hat die Diskussion Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) mit ihrem Appell, die Schulen in Deutschland müßten ein „unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr“ entwickeln. „Ich halte es für wichtig, daß Jugendoffiziere in die Schulen kommen und berichten, was die Bundeswehr für unsere Sicherheit tut“, sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Daß es da Vorbehalte gebe, könne sie nicht nachvollziehen. Stark-Watzinger spielt damit unter anderem auf Baden-Württemberg an, wo die von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) geführte Landesregierung es der Bundeswehr seit 2014 untersagt, an den Schulen für den Dienst in der Truppe zu werben. Stattdessen sollen die Offiziere über die Friedenssicherung und globale Konfliktverhütung sowie Krisenbewältigung informieren. Für Aufsehen hatte 2019 ein Beschluß der Berliner SPD gesorgt, die mit der Begründung „Für Töten und Sterben macht man keine Werbung“ den Besuch von Bundeswehroffizieren an den Schulen der Hauptstadt ebenfalls verbieten wollte.

Jugendoffiziere dürfen keine Personalwerbung machen

Trotz der grundlegend veränderten geopolitischen Sicherheitslage ist diese Haltung auf der politischen Linken weiterhin weit verbreitet. Schule sei ein Schutzraum für Kinder und Jugendliche, die Bundeswehr dürfe kein Exklusivrecht über Heranwachsende haben, sagte etwa die nordrhein-westfälische Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Ayla Celik. „Alle, die für Demokratie und Friedenspolitik werben, können keine Kooperation von Schulen und Bundeswehr befürworten. Das ist ein Widerspruch in sich“, glaubt Celik.

Dagegen hat die ehemalige Staatssekretärin für Integration in NRW, die Bundestagsabgeordnete Serap Güler (CDU) zusammen mit ihrer Fraktionskollegin Kerstin Vieregge ein Konzeptpapier zur Bundeswehr vorgelegt. Darin fordern beide verpflichtende Schulbesuche von Jugendoffizieren ab der 9. Klasse, berichtet der WDR. Außerdem solle jeder Schüler einmal in seiner Schulzeit eine Kaserne von innen gesehen haben. In Bayern hat die Landesregierung vor dem Hintergrund des Ukrainekrieges im Januar einen Gesetzentwurf zur Förderung der Bundeswehr vorgelegt. Demnach sollen in Bayern künftig die Schulen mit den Jugendoffizieren im Zuge der politischen Bildung zusammenarbeiten.

Infokasten: JF

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums wies darauf hin, daß Besuche in Schulen grundsätzlich nur auf Einladung stattfänden. Die Offiziere hätten den Auftrag, Aufgaben der Bundeswehr sowie Grundsatzfragen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu erläutern. „Und sie haben auf keinen Fall den Auftrag – was zum Teil vermengt wird – Personalwerbung durchzuführen“, stellte der Sprecher klar. Der Bundesbildungsministerin geht es indes nicht nur darum, junge Menschen auf den Kriegsfall vorzubereiten, sie hat auch andere Krisen im Blick: „Die Gesellschaft muß sich insgesamt gut auf Krisen vorbereiten – von einer Pandemie über Naturkatastrophen bis zum Krieg“, sagte sie. „Zivilschutz ist immens wichtig, er gehört auch in die Schulen. Ziel muß sein, unsere Widerstandsfähigkeit zu stärken.“

Auch konservative Politiker haben Bedenken

Unterstützung bekommt Stark-Watzinger vom Deutschen Lehrerverband. Der Vorschlag sei „sinnvoll“, betonte der Präsident des Verbandes, Stefan Düll. „Ich erwarte von der Bundesministerin, daß sie jetzt das Gespräch mit den Bildungsministern in den Bundesländern sucht“, sagte er der Bild-Zeitung. „Eine Absichtserklärung reicht nicht, jetzt muß im Politik-Unterricht zum Ukraine-Krieg und zur gesamteuropäischen, ja globalen Bedrohungslage gelehrt werden.“

Widerspruch kommt dagegen von der Lehrergewerkschaft Verband Bildung und Erziehung (VBE), der die Forderung zurückwies, zur Vorbereitung auf Krisen auch Politiker oder Vertreter der Bundeswehr in die Schulen zu schicken. Die Schulen müßten zwar ihre Aufgaben „auch im Rahmen aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen, wie Kriegen, Pandemien oder Naturkatastrophen“ erfüllen, sagte der VBE-Bundesvorsitzende Gerhard Brand vorige Woche dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das sei jedoch Aufgabe der dafür geschulten Pädagogen.

Die bildungspolitische Sprecherin der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Nicole Höchst, kritisierte dagegen die Wortwahl der Ministerin. „Allein die Verwendung des Wortes ‘Kriegsfall’ statt ‘Verteidigungsfall’ für Deutschland, von dem nie wieder ein Angriffskrieg ausgehen sollte, spricht Bände“, sagte Höchst. Auch ihr Kollege von der Union, Thomas Jarzombek, sieht den Vorstoß von Stark-Watzinger kritisch. „Wir müssen unsere Kinder schultüchtig machen und nicht kriegstüchtig“, sagte er der Bild am Sonntag. „Jedes vierte Kind lernt in der Grundschule nicht richtig lesen und schreiben – da müssen wir ran“, verdeutlichte der CDU-Bildungspolitiker.

JF 14/24

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