Waffenrecht Die Ampel-Jagd auf die Jäger: Amtsstube statt Ansitz

In Sachen Bürokratie ist man hierzulande einiges gewohnt. Doch dieser Fall dürfte nochmal eine Steigerung sein: Durch eine Gesetzesänderung sind für einen bestimmten kommunalen Verwaltungsakt neue Zuständigkeiten des Bundes geschaffen worden. Weil aber deren praktische Umsetzung noch nicht vollständig geregelt wurde, obwohl das Gesetz bereits in Kraft getreten ist, stellen auf Anweisung des Landes die zuständigen kommunalen Behörden die Bearbeitung der entsprechenden Fälle ein. Zum Leidwesen und Schaden der Bürger, die als Antragsteller in die sprichwörtliche Röhre schauen müssen.

Klingt seltsam, ist es auch. Und dennoch Realität unter hiesigen Amtsstubendächern. Davon jedenfalls ist der Deutsche Jagdverband (DJV) überzeugt, die Standesvertretung von rund 250.000 Jägern. Was ist passiert, worum geht es konkret?

Die Ampel hat Waffenrechtsauflagen für Jäger verschärft

Seit einem knappen Monat ist das geänderte Waffengesetz in Kraft – als Teil des neuen Sicherheitspakets. Mit ihm reagierte die seinerzeit noch formal bestehende Ampelkoalition auf die islamistisch motivierten Terrorangriffe von Solingen und Mannheim. Zu den darin enthaltenen Verschärfungen gehört nicht nur ein umfassenderes Messerverbot, beispielsweise im öffentlichen Personenfernverkehr, wo mittlerweile schon ein kleines Taschenmesser in der Hosentasche eine Ordnungswidrigkeit darstellen kann. Auch Besitzer legaler Schußwaffen – in aller Regel Jäger und Sportschützen – sehen sich verschärften bürokratischen Auflagen gegenüber, die sie erfüllen müssen, um weiter ihrer Freizeitbeschäftigung nachgehen zu können. 

Schon lange gilt der Grundsatz: Wer eine „echte“ Schußwaffe besitzen und gebrauchen will, muß zum einen nachweisen, daß er sie sachgemäß gebrauchen kann, zum anderen auch, daß er einen Bedarf dafür hat – etwa weil er Jäger ist. Als drittes wird die waffenrechtliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung der betreffenden Personen geprüft. Und schon vor der Verschärfung besaßen diejenigen diese Zuverlässigkeit in der Regel nicht, die – vereinfacht gesagt – in einem bestimmten Maße vorbestraft sind, als drogen- oder alkoholabhängig gelten oder die Mitglied in einem unanfechtbar verbotenenen Verein oder einer verfassungswidrigen Partei sind bzw. die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtete Bestrebungen verfolgen. 

Nun gilt auch: Anhaltspunkte für Zweifel an der Zuverlässigkeit eines Waffenbesitzers können sich beispielsweise aus dem Schriftverkehr oder Telefonaten des Antragstellers oder des Erlaubnisinhabers mit der zuständigen Behörde oder aus allgemein zugänglichen Quellen ergeben. Die zuständige Behörde ist befugt, in öffentlich zugänglichen Quellen zu recherchieren; die Regelanfrage bei den Verfassungsschutzbehörden gibt es bereits länger. Die Möglichkeit, daß Behörden nun auch erweiterte Durchsuchungsbefugnisse haben und bereits bei einem bloßen Verdacht der Unzuverlässigkeit eines Waffenbesitzers dessen Gewehre vorläufig sicherstellen dürfen, halten Kritiker der Gesetzesverschärfung für verfassungsrechtlich höchst bedenklich.

DJV: „Das Chaos war vorhersehbar“

Was der DJV mit seinem als politisch gut vernetzt und einflußreich geltenden Präsidenten Helmut Dammann-Tamke, der bis 2022 für die CDU im Niedersächsischen Landtag saß, nun aber vor allem moniert: Mit der Reform des Waffengesetzes wurde noch der Kreis der Behörden deutlich erweitert, die bei der Überprüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit legaler Waffenbesitzer abgefragt werden. Denn jetzt gehören auch die Bundespolizei und das Zollkriminalamt dazu. Und genau dies führt nach Ansicht der Waidmänner und -frauen zu der eingangs beschriebenen unhaltbaren Situation. 

So teilten beispielsweise die niedersächsischen Landkreise Harburg und Heidekreis mit, daß „waffenrechtliche Anträge, für die bis zum 31. Oktober 2024 noch keine abgeschlossene Zuverlässigkeitsprüfung erfolgt ist, auf Weisung des Niedersächsischen Innenministeriums zur Zeit nicht bearbeitet werden können und zurückzustellen sind“. In der Folge ruhe auch „die Bearbeitung jagdrechtlicher Anträge auf Weisung des Niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums bis auf weiteres“. 

Das kann für Betroffene unangenehme Folgen haben. „Verspätet erteilte Jagdscheine können dazu führen, daß Verpflichtungen aus den Jagdgesetzen und Pachtverträgen nicht erfüllt werden können“, heißt es in einer Mitteilung des DJV. Dessen Geschäftsführer Olaf Niestroj sieht sich zudem in seinen Prognosen bestätigt: Alle Experten hätten davor gewarnt, „das Chaos bei der Zuverlässigkeitsprüfung war vorhersehbar“. Jäger müßten nun ausbaden, daß das neue Waffengesetz von der Ampel im Bundestag „durchgepeitscht“ wurde.

„Wir brauchen eine Rückkehr zu den alten Verfahren“

Die Vertretung der Viertelmillion Grünröcke hat sich umgehend mit einem Beschwerdebrief an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gewandt. Sie solle dafür sorgen, daß die nun zuständigen Behörden schnellstmöglich Abfragemöglichkeiten bekommen. Jagdscheine und waffenrechtliche Erlaubnisse sollten „bundesweit wieder zeitnah in der üblichen Frist von zwei bis vier Wochen erteilt werden“, fordert der DJV.

Für den forst- und jagdpolitischen Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Peter Felser, ist das Ganze ein Skandal: „Es grenzt schon an Dreistigkeit, wie die unfähige Ampelregierung den Jägern solche enormen Schwierigkeiten bereitet und es sehenden Auges zu massiven Verzögerungen kommt“, sagte der erfahrene Jäger und bayerische Politiker der JUNGEN FREIHEIT. Einzig sinnvoller Ausweg aus dem nun entstandenen Chaos sei, was so ähnlich auch der Jagdverband fordert, nämlich „eine umgehende Rückkehr zu den alten Verfahren, bis die Hausaufgaben gemacht worden und die Voraussetzungen für das neue Verfahren bundesweit installiert sind“, so Felser. 

Im Bundesinnenministerium – zuständig für die Bundespolizei – weist man die Verantwortung für ein von den Jägern festgestelltes Chaos von sich. Auch im Bundesfinanzministerium – als für das Zollkriminalamt zuständiges Ressort – liegen einer Sprecherin zufolge „keine Erkenntnisse vor“. Die Pressestelle der Generalzolldirektion teilte auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT mit, man sei „in die Zuverlässigkeits- und Eignungsprüfung eingebunden“ und erhalte bereits Anfragen kommunaler Waffenbehörden, „die entsprechend bearbeitet und beantwortet werden“. Ein „etwaiger Bearbeitungsstopp einzelner Kommunen ist hier nicht bekannt“.

Länder bestätigen: Anträge können länger dauern

Aus den Ländern kommen unterschiedliche Rückmeldungen. Zum Teil lägen noch keine Erhebungen oder valide Daten vor, da das neue Gesetz erst seit knapp einem Monat in Kraft ist. Für das Bayerische Staatsministerium des Innern gibt es keine Gründe, die einen „Bearbeitungsstau verursachen“ könnten, da die Waffenbehörden im Freistaat bereits über alle erforderlichen Informationen verfügten. 

Bei den Nachbarn in Baden-Württemberg heißt es dagegen, es könne aufgrund der erweiterten Abfrage- und Meldepflichten „derzeit nicht ausgeschlossen werden, daß es bei der Antragsbearbeitung teilweise zu zeitlichen Verzögerungen kommt“. Auch das Polizeipräsidium des Landes Brandenburg teilte der JUNGEN FREIHEIT mit, daß die Einbeziehung von Zoll und Bundespolizei „gegenwärtig zu einer längeren Bearbeitungszeit von Anträgen“ führt. Genauso möchte ein Sprecher des Thüringer Innenministeriums „anfängliche Verzögerungen bei der Bearbeitungsdauer zur Erteilung waffenrechtlicher Erlaubnisse“ nicht ausschließen.  

Immerhin scheint Bewegung in die Sache zu kommen. Laut Mitteilung einiger Kommunen habe bereits ein Gespräch von Zuständigen aus den Bundesländern mit dem Bundesinnenministerium stattgefunden, bei dem die weitere Vorgehensweise diskutiert worden sei. Und auch ein Sprecher des Bundesinnenministeriums bestätigte vergangene Woche, „daß Gespräche laufen“. Möglicherweise haben die Beschwerden der Jäger bereits erste Erfolge gezeitigt. So war zumindest auf der Internetseite des Landkreises Harburg der Hinweis, man bearbeite derzeit keine Anträge, zu Beginn dieser Woche verschwunden.

Aus der JF-Ausgabe 49/24.

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